Wenn die Krankheit den Takt angibt
Bindegewebemassage, Ergotherapie, Physiotherapie, Rehabilitation, Spezialbehandlungen sowie regelmässige Abklärungen und Kontrolltermine in verschiedenen Spitälern – Lydia Belkalems Alltag ist eng getaktet durch ihre Krankheit. Sie leidet an Eosinophiler Fasziitis, einer äusserst seltenen Autoimmunerkrankung. Bleibt diese unbehandelt, kommt es zu Schwellungen und Entzündungen der Haut. Arme und Beine verhärten sich langsam. Starke Bewegungseinschränkungen sind die Folge.
Die Suche nach der richtigen Therapie
Lydia Belkalem
erhielt die Diagnose verhältnismässig rasch: Nur wenige Monate nach dem erstmaligen
Auftreten der Symptome bestätigte die Dermatologie des Inselspitals Bern mittels
Magnetresonanztomografie den anfänglichen Verdacht. Doch dann begann eine
regelrechte Odyssee. «Meistens lässt sich Eosinophile Fasziitis mit Cortison
und immunsuppressiven Medikamenten gut behandeln. Bei mir war das leider nicht
der Fall», erinnert sich die Bernerin. Weil sie die Medikamente schlecht
vertrug, musste sie diese nach einigen Monaten wieder absetzen. Ohne Therapie
kamen die Symptome zurück, und mit ihnen eine grosse Müdigkeit und Erschöpfung.
Auf eine Therapie, die endlich Linderung brachte, stiess Lydia Belkalem schliesslich selbst bei ihren Internetrecherchen: Die Photopherese. Bei diesem speziellen Blutreinigungsverfahren werden bestimmte Blutzellen dem Blut entnommen, ausserhalb des Körpers behandelt, und dann wieder dem Körper zugeführt. Lydia Belkalem wird nun im Schnitt alle sechs Wochen am Universitätsspital Basel behandelt. Die Therapie hilft, die Symptome zu lindern. Beweglichkeit und Kraft bleiben jedoch weiterhin eingeschränkt. Eine Heilung gibt es nicht.
Stetige Kampf um Unterstützung und Kostengutsprachen
«Fast schlimmer
zu ertragen als die schwere Krankheit ist, nicht ernst genommen zu werden»,
sagt Lydia Belkalem, der man die Krankheit von aussen nicht ansieht. Auch der
stetige Kampf um Kostengutsprachen und die Suche nach Informationen oder möglichen
Anlaufstellen ist erschöpfend. Zuerst ging es darum, eine geeignete und
verträgliche Therapie zu finden. Dann mussten Anträge für die Kostenübernahme an
die Krankenkassen gestellt werden, immer wieder von Neuem. «Teilweise wird die
Behandlung für ein Jahr bewilligt, teilweise nur für sechs Monate», erklärt Lydia
Belkalem. Obwohl die 59jährige im Haushalt auf Hilfe angewiesen ist, wurde die Haushaltsunterstützung
durch die Spitex nach sechs Monaten nicht mehr von der Krankenkasse vergütet. Die
Invalidenversicherung hat ein entsprechendes Gesuch kürzlich abgelehnt. Bis eine
langfristige Lösung gefunden wird, ist Lydia Belkalem für den wöchentlichen
Einkauf sowie fürs Wäsche waschen auf die Hilfe von Freunden angewiesen. «Immer
wieder muss man neue Lösungen suchen. Eigentlich habe ich gar keine Kraft dafür.
Man fühlt sich oft im Stich gelassen», sagt sie.
Die Gefahr, sich zu isolieren, ist gross
Lydia
Belkalem musste wegen ihrer Krankheit viel aufgeben. Sie hat sich trotzdem
einzelne Lichtblicke in ihrem Alltag bewahrt. Die gelernte Sozialpädagogin spielt,
wenn immer möglich, weiterhin Billard und ist Mitglied in einem Lesezirkel.
Auch die Arbeit hilft ihr, etwas Struktur in den Alltag zu bringen. Sie arbeitet
25 Prozent an einer Tagesschule – mehr liegt nicht drin. «Die Gefahr, sich zu
isolieren, ist gross. Man sollte aber weiterhin Dinge tun, die einem Freude
bereiten», ist Lydia Belkalem überzeugt.