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«Es ist wichtig, den Mut nicht zu verlieren»

ProRaris erhält zahlreiche Anfragen von ratsuchenden Patient:innen. Beat Amacker ist einer von ihnen. Mit seiner seltenen Krankheit Arachnoiditis ist er in der Schweiz bisher allein. Über Foren ist der gelernte Koch weltweit mit anderen Betroffenen im Austausch. Das hat ihm – neben dem Kontakt mit ProRaris und medizinischen Spezialist:innen– sehr geholfen.

1988 mit 22 Jahren hat Beat Amacker erstmals Rückenprobleme. Aufgrund seines jungen Alters ist für Fachleute eine Operation nicht angezeigt. 1999 – er lebt inzwischen in Thailand – kann er plötzlich nicht mehr gehen und wird als Folge sofort operiert. Die ersten zwei Jahre danach geht es ihm gut, er arbeitet wieder in der Küche – bis zur ersten von insgesamt fünf Hirnhautentzündungen. Mehr als zehn Jahre vergehen, bis 2012 zum ersten Mal die Diagnose Arachnoiditis vermutet wird, aufgeschrieben auf einem Zettel in einem neurologischen Institut in Thailand.

Im Vordergrund stehen zuerst Alltagsprobleme

Beat Amacker ist da verheiratet und Vater geworden. 2013 wird die Ehe jedoch geschieden und er zieht mit seiner Tochter zurück in die Schweiz. Mit der Rückkehr in die alte Heimat hat er allerlei behördliche Angelegenheiten zu regeln. Er hat den Kopf nicht frei, sich um seine Gesundheit und die vermutete Diagnose zu kümmern und weil sein Hausarzt noch nie von der Krankheit gehört hat, hegt er selbst Zweifel daran. Er recherchiert auf eigene Faust und findet heraus, dass die Arachnoiditis eine seltene Krankheit ist und stösst bei seinen Recherchen auch auf ProRaris. 2016 folgt die erste Kontaktaufnahme. Damals ist die Krankheit noch sehr neu und in der Schweiz sind keine weiteren Fälle bekannt. ProRaris empfiehlt jedoch, aktiv den Austausch mit anderen zu suchen und informiert über RareConnect, eine Plattform, die Betroffene weltweit miteinander verbindet.

Wertvolle Impulse dank internationaler Foren und Kontakte

Der Ostschweizer nimmt den Ratschlag an, findet ein Forum in Deutschland und erfährt dort von einem Prof. Warnke, der Spezialist für die Erkrankung Arachnoiditis ist. Prof. Warnke operiert die Betroffenen und versucht dabei die Verklebungen zu lösen, die Ursprung der Krankheit sind. Die Erfolgschancen sind jedoch 50:50. Den einen geht es besser, den anderen nicht. Beat Amacker liest die Beiträge im Forum und erkennt sich in Vielem wieder. Die Zweifel an der Diagnose bleiben jedoch bestehen. Er sucht aktiv den Austausch und mit seiner Anmeldung im Forum kann er nun auch Fragen stellen. Parallel dazu recherchiert er nach weiteren Spezialisten für Arachnoiditis und findet Prof. Forest Tennant in Amerika. «Für mich ging es darum herauszufinden, ob ich diese Krankheit wirklich habe oder nicht», erklärt Beat Amacker im Gespräch mit ProRaris rückblickend. Aufgrund diverser Arztbesuche in der Schweiz – allesamt ohne Ergebnis – verfügt er über MRI-Bilder und weitere Untersuchungsresultate. Diese Dokumente schickt er für eine Einschätzung in die USA. In der Antwort des Spezialisten steht, er sehe eine Verklebung und dass die Nerven in einer gelartigen Masse seien, was auf eine Arachnoiditis hindeute. Mit dieser Einschätzung wächst das Gefühl, dass er die Krankheit wahrscheinlich hat. In der Folge wird Beat Amacker noch aktiver, übernimmt die Leitung des deutschen Patientenforums und eröffnet bei RareConnect ein Internationales Forum, in dem sich mit der Zeit vor allem eine Gruppe von Betroffenen aus Nordamerika zusammenfindet. In den USA ist die Arachnoiditis – anders als in der Schweiz – bei den Sozialversicherungen als Krankheit anerkannt. In den Foren liest er viele Geschichten, welche die gleichen Probleme schildern, die er selbst hat. Etwa von Ärzten, die nicht zuhören oder dass es sich um eine psychische Erkrankung handle. Da müsse er jeweils lachen und stelle fest, dass er nicht allein sei. Allerdings rät er anderen Betroffenen, nicht den ganzen Tag nur in den Foren zu verbringen, sonst verliere man sich mit der Zeit selbst.

Dank ProRaris über Umweg ans Ziel gekommen

Seit Anfang 2023 ist Beat Amacker nun in Nottwil in Behandlung und fühlt sich gut aufgehoben. Die Spezialist:innen dort kennen sich aus mit seiner Krankheit. Es brauche jetzt allerdings nochmals etwas Zeit, bis alle seine Daten ausgewertet seien. Für die Psyche sei bereits das dreistündige Erstgespräch unbezahlbar gewesen. «Endlich ist da jemand, der mir zuhört und versteht, von was ich spreche», erklärt er. Dem positiven, ausführlichen Erstkontakt vorausgegangen war ein Jahr mit vielen Schüben, die seinen Gesundheitszustand derart verschlechterten, dass er im Herbst 2022 in seiner Hilflosigkeit dem Bundesamt für Gesundheit BAG, Bundesrat Berset und ProRaris eine E-Mail schrieb, mit der Bitte um Unterstützung. ProRaris habe seine Anfragen ernst genommen und ihm das Zentrum für seltene Krankheiten in der Nähe seines Wohnorts herausgesucht. Beim Kontakt mit dem Zürcher Zentrum habe er im Dezember 2022, sozusagen als Weihnachtsgeschenk, den entscheidenden Hinweis bekommen, dass ein Team in Nottwil sich mit der Thematik auskenne. Parallel dazu hat ihm ProRaris geraten, sich beim Register für seltene Krankheiten zu registrieren, was Beat Amacker zwischenzeitlich ebenfalls getan hat. Zwar ist er dadurch bis jetzt auf keine anderen Menschen mit seiner Krankheit gestossen, für ihn ist der Eintrag dennoch wichtig. Er hat damit eine Bestätigung seiner Krankheit, was für die Anerkennung durch die IV von Bedeutung ist.

Knacknuss IV

Die Krankheit schreitet schleichend voran. Arbeiten kann er schon lange nicht mehr, obwohl er es mehrfach erfolglos versucht hat. «Seit ich krank bin, wurde ich immer wieder als Simulant abgestempelt, der zu faul ist zum Arbeiten», erklärt Beat Amacker. Der letzte IV-Gutachter sagte ihm durch die Blume, dass er sich die Krankheit selbst zusammengestellt hätte mithilfe von Google. Dieses Unwissen der Ärzteschaft auszuhalten sei schwierig. Er ist froh, dass sich mit dem Kontakt in Nottwil die Situation geändert hat: «Wenn die Krankheit diagnostiziert ist, kann man den Rucksack besser tragen». Derzeit plagen ihn Taubheitsgefühle im linken Bein bis in die Zehen, die nun auch beim rechten Bein anfangen. Die Operationsstelle schmerzt und weil das Rückenmark und die Hirnhaut involviert sind, hat er elektrische Stösse bis ins Gehirn. Er hat zudem Konzentrationsschwierigkeiten, oft Kopfschmerzen, Haltungsschäden und leidet unter Inkontinenz. Beat Amacker ist mit dem Rollator unterwegs und kann zwar noch aus dem Haus, allerdings mit stark eingeschränktem Radius.

Patientenorganisationen auch für die Psyche wichtig

Beat Amacker findet es einerseits wichtig den Austausch mit anderen Betroffenen zu haben und andererseits jemanden wie ProRaris an der Seite zu haben, der hilft, aus der Vogelperspektive die Dinge einzuordnen. «Patientenorganisationen haben viel Wissen, was behördliche und rechtliche Dinge anbelangt und können weiteren Unterstützungsangebote vermitteln. Das Schöne bei ProRaris ist, dass einem auf eine verständnisvolle Art alles erklärt wird. Das gibt ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge, aber auch gegenüber den Ärzt:innen, die eben auch nicht allwissend sein können, gerade bei komplexen Krankheitsbildern, wozu auch meines gehört» fasst er seine Erfahrungen zusammen. Der Kontakt mit ProRaris habe jeweils geholfen, die aktuelle Situation zu beurteilen und die nächsten Schritte zu bestimmen. Das sei wichtig gewesen, um Neues herauszufinden. Anderen Betroffenen rät er, nicht aufzugeben – auch wenn die Schmerzen gross und psychisch belastend sind. Es brauche Zeit und den Mut, einem Arzt auch mal «auf die Füsse zu stehen» oder diesen gar zu wechseln.

Wir bedanken uns bei Beat Amacker für das Erzählen seiner Geschichte und wünschen ihm alles Gute für den weiteren Weg.

Zusammenfassung zur Adhäsiven Arachnoiditis in Orphanet 

Links zu den Patientenforen:

https://www.acmcrn.org/

https://www.stuffthatworks.health/arachnoiditis

 


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